„14mal Zillertal – St. Antönien retour, bitte!“

„Schi im Zug sind kein Problem. Gut. Ah, Hauptreisezeit?“
„Ja, bitte, dann wohl mit Sitzplatzreservierung, geht das?“

Belebtheit ohne Lärm
Von einer wahren Schitourenperle ist die Rede, wenn es um das Bergsteigerdorf St. Antönien in der Schweiz geht, ein Walserdorf auf über 1400 m Seehöhe in einem Seitental hoch über dem Prättigau am Fuße des Rätikons gelegen. Das Dörfchen bietet zahlreiche Tourenmöglichkeiten, einen langen Schilift (den wir aber nicht benützten) und große Schneesicherheit, worüber es aufwühlende Geschichten zu erzählen gibt.

Für ein verlängertes Wochenende am Beginn der Semesterferien im Februar 2024 buchten wir für eine Tourengruppe schon beizeiten einige Plätze im Gasthaus Bellawiese und starteten mit einer sorgfältigen Anreiseplanung: die Schweiz hat ja als Öffi-Eldorado einen Ruf, und da wollen wir mitreden, klar! Das Buchen und Reservieren von Plätzen für Gruppen ist eine der größeren Schwierigkeiten und das Bewältigen der sogenannten letzten Meile in entlegeneren Tälern und Dörfern die andere. In Mayrhofen im Zillertal, wo wir starteten, rechnet man ja mit Taxis vor dem Bahnhof, die sind aber jener Form des Tourismus zu verdanken, der man in den Bergsteigerdörfern nicht begegnen möchte!

Wenn der Ausgangspunkt oder das Ziel halbwegs passen, dann ist die Anreise im Zug sehr entspannt zu bewältigen. In unserem Fall konnten wir ja mit der „Zilli“ starten, wie wir die Zillertalbahn liebevoll nennen, oder auch das Parkhaus der OeBB in Jenbach nützen. Die Umstiege in der Schweiz funktionierten erwartungsgemäß problemlos. In Küblis verließen wir schließlich die Rhätische Bahn und nahmen den Linienbus, um die zahlreichen Kehren über dem Schanieltobel hinauf nach St. Antönien zu bewältigen. Aber: da brauchten wir Bargeld für die Tickets: „Hat hat wer Schweizer Franken dabei?“

Entweder er wusste es, oder er handelte halt sicherheitshalber: jedenfalls riss uns unser „Banker“ aus der Bredouille für die vorletzte Meile. Die letzte Meile an diesem Freitagabend durften wir mit dem ganzen Schitourengepäck zu Fuß begehen, was aber nach der Anreise nicht schadete. Es waren zehn oder fünfzehn Minuten.

Anregung ohne Hektik
Wir erlebten drei ausgefüllte Tourentage samt allen Zutaten, die aus der Wetterküche kommen können, und für Abwechslung sorgte der Besuch im Laubänähus, dem Lawinenmuseum von St. Antönien, das in der Schweiz als Lawinendorf bekannt ist, und im Laufe seiner Geschichte schwere Unglücke wegzustecken und umfangreiche Schutzvorkehrungen zu treffen hatte. Bewundernswert waren auch die Erzeugnisse eines Hafnerbetriebes, der seine Blüte in St. Antönien im 19. Jahrhundert erlebte. Durch die Ausstellung führte uns der ehemalige Bürgermeister, gleichsam als Gruß von einem der jüngsten Bergsteigerdörfer ans älteste, nämlich Ginzling im Zillertal, wo wir als Alpenverein Zillertal mit der Gründung der Initiative eng verbunden waren.

Nähe ohne Respektlosigkeit

Zurück zur letzten Meile, die war eigentlich noch nicht ganz vorbei, denn:
„Wie kommen wir zu den Ausgangspunkten der Touren?“
„Taxi?“
‘„Ja, bis das da heroben ist?“_

Es hat uns jemand zugehört, wir kamen mit den St. Antöniern ins Gespräch, und so wurde spontan im Dorf herumtelefoniert bis wir uns am Sonntag für die private Fahrgelegenheit herzlich bedanken durften.

Bewegung aus eigener Kraft
Die erste Tour führte uns direkt von unserer gemütlichen Herberge auf das Jägglisch Horn (2.298 m), von dem wir das Chüenihorn mit seinen meterlangen Lawinen­verbauungen und dahinter die Sulzfluh und ihre umgebenden Kalkwände des Rätikon bewunderten. Für das viel näher gelegene Hasenflüeli (2.412m) auf der anderen Seite der Aschariner Alp reichte die Zeit auch noch locker.

Am Sonntag hatten wir dann die Fahrgelegenheit und wählten trotz des fragwürdigen Wetters die Sulzfluh (2.817m) als Ziel. Es hätte der Höhepunkt unserer Unternehmung werden sollen. Das Schneetreiben wurde aber nicht weniger und die Sicht nicht besser, die Hoffnung auf Wetterbesserung ging einfach nicht auf. Wir brachen ab und fanden im Berghaus Sulzfluh eine gemütliche „Zuflucht“. Die Fahrstrecke vom Morgen legten wir auf den Schiern zurück und gelangten über den Eingang ins Gafiatal und rund um den Eggberg so hoch hinauf, dass wir zur Bellawiese abfahren konnten.

Am dritten Tag freuten wir uns über Sonnenschein und das Wetter vom Vortag, gerade genüsslich viel Neuschnee bedeckte die Berge. Wir wählten eine Runde: stiegen durch das Gafiatal (da querten wir über die verschneiten Wiesenhänge zum Ausgangspunkt und brauchten kein Auto) zum Hasenflüeli auf, und fuhren über die Aschariner Alp zurück zu unserer Unterkunft, wo wir deutlich früher ankamen als geplant:

„Wir könnten ja schon den Bus um 15.00 Uhr nehmen.“
„Kriegen wir dann auch den früheren Zug in Feldkirch?“
„Da müssen wir aber in Innsbruck umsteigen, der bleibt in Jenbach nicht stehen.“
„Egal, oder? Die Tickets haben keine Zugbindung, wir können den früheren Zug nehmen.“
„Aber die Reservierungen!“
„Na ja, es ist Montag, da wird der Zug nach Wien nicht voll sein.“
„Probieren wir es!“
„Dann packen wir aber unsre Sachen, sonst fährt der Bus noch ohne uns.“

Die Wirtin lädt die Schier in ihr Auto und bringt sie zum Bus. So verabschieden wir uns von den freundlichen und hilfsbereiten Leuten und wandern die ersten fünfzehn Minuten unbeschwert zur Haltestelle in St. Antönien. In Landquart gingen wir schon auf Alles: da gab es einen noch früheren Zug! Beeilung war nötig, nützte aber nichts. Lachend und gelassen ließen wir den abfahrenden Zug an uns vorbeigleiten und warteten kurz auf den ursprünglich geplanten Anschluss. Unspektakulär kamen wir zurück ins heimatliche Zillertal, wo wir die letzte Meile selbstredend zu Fuß bewältigten.

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