Berglandwirtschaft
Im Schmirn- und Valsertal spielt das bergbäuerliches Leben eine zentrale Rolle. Noch heute werden die Wiesen und Äcker mit viel Herzblut kultiviert. Gibt es hier doch, in Tirol mittlerweile wieder häufiger zu sehen, noch Getreideanbau. Zu den angebauten Sorten zählt der Tiroler Schwarzhafer – und das nicht erst seit Hafer vom “Doping” der Brenner-Zugpferde zum „Superfood“ in Porridge, Müsli und Brot mutiert ist.
Schaf- und Ziegenhaltung sind im Schmirn- und Valsertal allgegenwärtig, traditionelle Bewirtschaftungsformen werden gelebt und weitergegeben. Beim Partnerbetrieb Helgas Alm gibt es nicht nur seltene Ziegenrassen, sondern auch würzigen Käse und beste Milch und der Thumeserhof hat einen eigenen Hofladen mit allerlei Kräuterspezialitäten.
Gelebte Bergbauerntradition
Seit geraumer Zeit mähen einige Bauern mit Unterstützung von Freiwilligen Bergwiesen im Valsertal. Auch die Teilnehmer der Grundkurse in der Schule der Alm helfen mit, diese Tradition am Leben zu erhalten und den Weiterbestand von Natur- und Kulturraum zu sichern.
Große Strapazen müssen bereits im Sommer gemeistert werden, wenn die teilweise über 1.800 Meter hoch gelegenen Bergwiesen per Hand gemäht werden. Allein der ein- bis zweistündige Aufstieg verlangt einiges ab. Der Ertrag ist zwar aufgrund der Höhenlage sehr gering, ohne das Abmähen würde jedoch die Landschaft zunehmend verbuschen und verwildern. Außerdem würde im Winter die Lawinengefahr ansteigen, da der Schnee auf nicht gemähten Wiesen leichter abrutscht.
Erst im Winter wird das Heu dann mit einem Holzsschlitten ins Tal gebracht. Eine Fuhre wiegt ca. 140 kg, der Abtransport über das steile Gelände ist also nicht ganz ungefährlich und erfordert einiges an Geschick. Hinter der Idee steht ein starkes Bedürfnis, die Naturlandschaft des Valsertales zu erhalten. Sie wollen wertvollen ökologischen Lebensraum für Pflanzen und Tiere sichern. Das hochwertige Bergheu wird an die Bauern des Valsertales verteilt – mit köstlicher, traditioneller Bauernkost bedankt man sich traditionsgemäß bei den „Heuziehern“.
Für alle, die gerne einen tieferen Einblick in das Almleben haben möchten, bietet die „Schule der Alm“ Gästen dazu in verschiedenen Kursen eine perfekte Möglichkeit.
Bei den 7-tägigen Grundkursen erlernen die Teilnehmer:innen das Sensenmähen im Bergmahd. Weitere Tätigkeiten, die unter der fachkundigen Führung der Almlehrer ausgeführt werden sind z.B. die Heuernte, das Errichten von Holzzäunen, Wasserwaalen und Trockensteinmauern. Auch Tierpflege und Kräuterkunde gehören zum Programm.
Das Wochenendprogramm „Almluft & Ziegenduft“ ist zum „Hineinschnuppern“ ins Almleben gedacht und beinhaltet auch eine geführte Wanderung auf eine Hochalm. Die Kräuterkurse finden im Schmirntal beim Alpenblumengarten Toldern statt und sprechen vor allem Freunde der alpinen Botanik an. Unter dem Begriff Spezialkurse werden Kurse zu besonderen Themen angeboten: Man kann sich zum Beispiel zum „Schwenden“, dem Freischneiden von Almflächen und Bergmähdern, anmelden. Informationen und Buchungen für alle Kurse unter www.wipptal.at/schule-der-alm
Almleben im Valsertal
Wie lebt es sich auf einer Alm? Welche Arbeiten fallen an und wieviele Stunden wird gearbeitet? Was tun Ziegen auf einer Alm? Weshalb wird hoch oben auf steilen Hängen Heu gemacht?
Helga Hager, Sennerin, Almführerin, Natur- und Landschaftsführerin beantwortet nicht nur diese Fragen. Die diplomierte Sommelière bewirtschaftet in den Sommermonaten ihre Alm, eine der sechs Almhütten der Nockeralm im hinteren Valsertal. Jeden Donnerstag bietet Helga geführte Ziegenwanderungen an, bei denen vor allem Kinder gerne mitgehen. Im Anschluss an die ca. 1-stündige Wanderung gibt es eine herzhafte Jause auf Helgas Alm, bei der der Alm-eigene Ziegenfrischkäse natürlich nicht fehlen darf. Anmeldungen beim TVB Wipptal: https://www.wipptal.at/wipptal-erleben/gaesteprogramm/
Infos zu Helgas Alm unter: www.helgasalm.at
Im Schmirntal, zwischen dem Gasthof Olpererblick und dem Gattererhof, einem Bauernhof mit Direktvermarktungsladen, befindet sich ein liebevoll angelegter Alpenblumengarten der „Oberen Schnattermühle“ – der einzigen noch erhaltenen Stockmühle Nordtirols, die man gegen Anmeldung besichtigen kann, führt ein Holzsteg zum ca. 1.000 m² großen, durch Bachsteine unterteilten Alpenblumengarten, der auf einem leicht ansteigenden, nordwestlich ausgerichteten, sonnigen Hang liegt. Über 100 verschiedene Blumen und Kräuter – großteils mittels Steintafeln gekennzeichnet, erfreuen den/die Besucher*in. Besonderes Augenmerk wurde bei der Anlage auf regionstypische Blumen und Alpenkräuter gelegt, Duftkräuter, Heilkräuter, Beeren und Gemüsepflanzen kann man bewundern und beschnuppern.
Detail am Rande: die Gewürzkräuter finden in der Küche des Olpererblicks Verwendung. In den umliegenden Hofläden kann man Spezialitäten wie Kräutertees, Kräutersalz, getrocknete Gewürzkräuter, usw. käuflich erwerben. Über die Schule der Alm werden im Frühling und Herbst Kräuterkurse angeboten, bei denen neben Heilkräuterkunde auch Gartenpflege und die Verarbeitung von Wildkräutern in der Küche unterrichtet werden. Weitere Informationen und Buchungen: wipptal.at/schule-der-alm
Mehr Informationen bei:
- Gasthof Olpererblick, Toldern 11a, 6154 Schmirn, Tel.: +43/(0)5279/20120; www.olpererblick.at
- Gattererhof, Hochmark 22, 6154 Schmirn, Tel.: +43/(0)5279/5440; E-mail: m.lutz@aon.at
Kultur & Tradition
Im Bergsteigerdorf St. Jodok, Schmirn- und Valsertal ließe sich von der Entwicklung zweier unterschiedlicher “Kulturen” sprechen. Der Talort St. Jodok war seit jeher vom Handel und Verkehr über den Brenner geprägt. Mit dem Bau der Brennerbahn hielt hier schon früh die Moderne Einzug. Im Schmirn- und Valsertal haben sich die bergbäuerlichen Traditionen bis heute erhalten. Das rege Vereinsleben und die Begeisterung für die heimische Bergwelt sind das verbindende Element in der gesamten Region.
Unter großen Schwierigkeiten wurde in den Jahren 1864 bis 1867 unter Ing. Karl von Etzel die Brennereisenbahn gebaut. Auf der 125 km langen Bahnstrecke durch das Wipp- und Eisacktal mussten 13 Brücken, 22 Tunnelbauten sowie viele Schutzgalerien gegen Steinschlag und Murbrüche errichtet werden. Zum ersten Mal wurden bei einem Eisenbahnbau gekrümmte Tunnel, so genannte Kehrtunnel gebaut – der imposanteste befindet sich bei St. Jodok, wo die Bahn durch die Umfahrung des Ortes an Höhe gewinnt.
Eisenbahnfreunden und Zugfotografen ist St. Jodok längst ein Begriff, denn hier findet man die schönsten Fotomotive der Brennerstrecke, einer Bahnstrecke, die an landschaftlichen Schönheiten und Eigenarten sehr viel zu bieten hat.
Etwa eine halbe Stunde von Schmirn entfernt liegt oberhalb des Weilers Wildlahner, versteckt in einer Waldlichtung, das Wallfahrtskirchlein „Mariahilf in der Kalten Herberge“.
Die Entstehungslegende berichtet, ein Hirte habe an einem stürmischen Herbsttag unter einer großen Fichte eine wunderschöne Frau mit einem Kindlein sitzen gesehen. Voller Erbarmen rief ihr der Hirte zu: „Hast du da eine kalte Herberge!“ Da verschwand die Frau mit dem Kind. Nach einiger Zeit glaubte man, in ihr die Muttergottes erkannt zu haben, und so hing man ihr zu Ehren eine Kopie des hochverehrten Maria-Hilf-Bildes von Lucas Cranach aus der Innsbrucker St.-Jakobs-Kirche an einen Baum. Einige Meter entfernt sprudelte unter den Baumwurzeln eine Quelle hervor. Als der Baum im Jahre 1972 umstürzte, schnitzte man daraus einen Bildstock zu Ehren der Gottesmutter.
Schon 1730 hatte man für das Cranach-Bild eine Holzkapelle erbaut, sie wurde bald darauf durch ein gemauertes Kirchlein ersetzt. Mehrmals wurde das Kirchlein erweitert und überstand auch unbehelligt die glaubensfeindlichen Zeiten unter Josef II (1782-1790) sowie die nationalsozialistische Herrschaft des 2. Weltkrieges.
Jedes Jahr am 26. Juli (Annatag) sowie jeden 13. des Monats von Mai bis Oktober werden Bittgänge unter großer Beteiligung der Bevölkerung zur Kalten Herberge unternommen.
Wanderwege zum Kirchlein:
- ab Pfarrkirche Schmirn, über die Schmirn-Bach-Brücke, Richtung Siedlung Holzeben
- ab Toldern, Richtung Sieldung Holzeben
- ab Wildlahnertal
- ab Hohe Warte, Schmirnerstraße
St. Jodok und Vals bilden eine Pfarrgmeinde. Die gotische Pfarrkirche zum Hl. Jodok (Pilgerpatron) wurde 1425 erbaut, 1784 erfolgten Umbau und Barockisierung. Die Pfarrkirche zum Hl. Josef in Schmirn erhielt 1757 ihr heutiges Erscheinunsbild – sie wurde vom Wipptaler Priester und Kirchenbaumeister Franz de Paula Penz errichtet. Der prachtvolle Bau überrascht inmitten einer bergbäuerlich geprägten Landschaft.
Allein im Valsertal gibt es 15 Hauskapellen, einzigartig im gesamten Ostalpenbereich, auf einer kurzen Talstrecke von nur 7 km. Diese Hauskapellen befinden sich alle in Privatbesitz, werden liebevoll gepflegt und sind somit ein Wahrzeichen des Tales. Besonders erwähnenswert ist die barocke Kelderkapelle in Innvervals, die vor dem Massiv des Olperers mit seinem Gletscherrücken zahlreiche Kalenderblätter ziert.
Eine weitere, sehr interessante Kapelle ist jene „zum blinden Herrgott“ am Padauner Sattel, deren Kreuz von einem blinden Gläubigen geschnitzt wurde. Der gekreuzigte Heiland hält seine Augen geschlossen. Zahlreiche Wanderer pilgern dorthin und beten für gutes Augenlicht.
Viele schöne Wegkreuze, teilweise kunstvoll geschnitzt, säumen Wege und Straßen entlang des Schmirn- und Valsertales und werden von den Einheimischen gerne mit Blumen geschmückt. Am 15. Juni pilgern die Valser von der St. Jodoker Kirche ab 6 Uhr früh 7 km durch das Tal bis zu den letzten Kasern (Almhütten) am Fuße des sakral anmutenden Berges Hohe Kirche.