Das Sellraintal – Hochalpin und stadtnah
Der schluchtähnliche Eingang in das Sellraintal lässt anfangs noch wenig erahnen, dass sich dieses Hochtal ab der Gemeinde Sellrain langsam weitet und die Blicke erstmals auf eine imposante Bergszenerie der Stubaier Alpen frei gibt. Es ist aber nicht nur die dominierende Bergwelt, die die Menschen in ihren Bann zieht, es ist vor allem auch die Authentizität und Bodenständigkeit der Orte Sellrain, Gries i. Sellrain mit dem Weiler Juifenau sowie St. Sigmund mit den Weilern Praxmar, Lüsens und Haggen. Bettenburgen und Hotelkomplexe wird man ebenso wenige finden wie seilbahnverdrahtete und von Pisten entstellte Berghänge. In den kleinen Orten und Weilern mit traditionellen Gasthöfen und einem funktionierenden sanften Tourismus, spielt auch die Berglandwirtschaft immer noch eine wichtige Rolle, die in den Sommermonaten das Landschaftsbild mit den schon selten gewordenen Stanggern prägt. Durch die entsprechende Höhenlage erlebt man im Sellraintal und seinen Seitentälern noch richtige Winter, wo man ohne Hektik und Trubel die tiefverschneite Winterlandschaft genießen kann.
Dass das Sellraintal mit seinen Seitentälern bis heute so ursprünglich geblieben ist und sich damit von vielen anderen vom Massentourismus dominierten Tiroler Tälern abhebt, liegt wohl daran, dass die Menschen durch ihre tiefe Verbundenheit mit diesem Tal schon sehr früh den Wert ihrer Landschaft erkannt und geplante Erschließungsprojekte abgelehnt haben. Seit 1983 sind die Berglandschaften ein Teil des 352 km² großen Ruhegebietes Stubaier Alpen sowie des 77,7 km² großen Ruhegebietes Kalkkögel. Etwas im Schatten des Sellraintales stehen die Bergkämme auf der Nordseite, die aber aufgrund ihrer Landschaftsstruktur nicht weniger reizvoll sind.
Vom Haupttal dringen mit dem Fotschertal, dem Lisensertal, dem Gleirschtal und dem Kraspestal vier tiefeingeschnittene und von steilen Bergflanken geprägte Täler tief in den Süden und somit in das Herz der Stubaier Alpen vor, wobei die wunderschönen Talschlüsse mit weit ausladenden vom Gletscher geformten Karen, türkisfarbenen Gletscherseen und von den weißen Gletscherfirnen umflossenen steilaufragenden Gipfeln einen unvergesslichen Kontrast in die wilde Berglandschaften zeichnen.
Keinesfalls darf aber auch die Nordseite des Sellraintales vergessen werden, auch wenn die Berge die 3.000 Meter Marke nicht ganz erreichen, bilden sie einen wunderschönen Kontrast zu den vergletscherten Bergen der Stubaier Alpen. Sie sind die „ruhigen“ Berge, wo man nicht selten unter einem Gipfelkreuz in absoluter Einsamkeit eine unglaubliche Aussicht auf die umliegende Bergwelt genießen kann.
Die Stubaier Alpen rund um das Sellraintal werden von unzähligen markierten Wegen und Steigen durchzogen. Auch erlebnisreiche Rundtouren über mehrere Tage von Hütte zu Hütte oder Höhenwanderungen sind neben zahlreichen Tageswanderungen und anspruchsvollen Bergtouren möglich. Es ist viel zu schade, dieses Tal nur für wenige Stunden oder einen Tag zu besuchen. Für die unzähligen Naturschönheiten, gepaart mit einer wilden Bergnatur, sollte man sich Zeit nehmen und entweder in den gemütlichen Gasthöfen in den Tälern oder auf den alpinen Schutzhütten des Alpenvereins für mehrere Tage verweilen.
In den Wintermonaten bietet das Sellraintal den Skitourengehern schier unerschöpfliche Tourenmöglichkeiten. Unzählige alpine und hochalpine Skitouren von 600 m bis weit über 3.000 m, mehrtägige Aufenthalte auf den geöffneten Alpenvereinshütten sowie Skidurchquerungen, wie zum Beispiel ins benachbarte Ötztal, lassen mit Sicherheit keine Wünsche offen.
Die Bergsteigerdörfer mit ihren Weilern im Sellraintal liegen fernab von den Hauptverkehrsströmen im Tiroler Inntal und reichen bis auf fast 1.700m hinauf. Schlechte Luft, Inversionswetterlagen und Lärm gibt es in diesen Tälern nicht. Gerade Menschen mit Allergien oder Atemwegserkrankungen werden sich hier besonders wohl fühlen und bei ihren verschiedensten Aktivitäten ausgesprochen gut erholen. Lärm ist heute eine Geißel der Menschheit und macht die Menschen krank. Neben der guten Luft ist auch die Ruhe ein ganz wichtiger Aspekt in den Bergsteigerdörfern, wo man noch bei offenem Fenster tief schläft und am Morgen durch Vogelgezwitscher geweckt wird.